Müll in einer Tonne

Transformation des Wirtschaftssystems tut Not

Ich kann alle verstehen, die gerade in der Krise an Existenzängsten leiden. Jedoch kann ich Meinungen, die wieder zurück zur Normalität wollen, koste es (Leben), was es wolle, nur schwer ertragen.

Argumentiert wird dabei immer mit Arbeitsplätzen, Armut und Einsamkeitssymptomen. Bevor ich sachlich werde, muss ich aber gleich zu Beginn meinen Unmut über ein System äußern, das anscheinend maximal beschissen ist, wenn es in sich zusammenbricht, bloß weil wir ein paar Monate mal keinen unnötigen Scheiß konsumieren.

Allen Beteiligten war glaube ich von Anfang an klar, dass unsere Wirtschaft von den Ausgangsbeschränkungen stark getroffen sein wird. Allerdings waren viele Akteure sicherlich von der Härte der Folgen überrascht. Mit 10 Millionen Kurzabeiteranträgen hat die Arbeitsagentur sicherlich nicht gerechnet. Auch die USA waren von ihren über 20 Millionen zusätzlichen Arbeitslosen geschockt. Das ergibt dort eine Arbeitslosenquote von 14,7 % im April. Goldman Sachs warnt davor, dass diese noch auf 35 % ansteigen könnte.

Ja, das kann Angst machen. Aber ein zurück zum weiter so wird es in der aktuellen Lage nicht geben, das muss man erst einmal akzeptieren und nicht wie ein kleines Kind die Kommentarspalten volljammern mit jeglichen Variationen von „Ich will aber“.

Natürlich sind auch mir die krassen Auswirkungen bewusst, welche die Eindämmungsmaßnahmen mit sich bringen. Am meisten leiden wie immer die ärmsten in der globalen Gesellschaft. Der Generaldirektor der UNO warnt vor einer Milliarde hungernder Kinder, vor allem im globalen Süden.

Doch eins ist auch klar, die Weltwirtschaft wird sich nicht erholen, bloß weil wir hier die Biergärten öffnen. Jeder weitere lokale Ausbruch des Corona-Viruses wird am Ausbruchsort zu einem weiteren Shutdown führen. Es werden dadurch immer genug Regionen im Shutdown oder in ähnlichen Maßnahmen sein, sodass sich das fragile globale Wirtschaftssystem auf absehbare Zeit nicht erholen wird.

Bis zu einem Impfstoff, einer Behandlungsmethode, zur Herdenimmunität oder bis ein Wunder geschieht, wird das auch so bleiben. Danach werden die Auswirkungen auch nicht schlagartig vorbei sein. Die Krise ist beliebig komplex und wird sich durch Einzelmaßnahmen nicht global lösen.

Trotzdem darf das nicht als Ausrede gelten, um hilfsbedürftige Menschen nicht zu helfen. Die Kosten, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen sind seit jeher lächerlich gering. 2014 hat eine UN-Metastudie von Mehrkosten von 0,3 % der jährlichen Weltwirtschaftsleistung gesprochen. Das überhaupt noch ein Mensch an Hunger stirbt ist ein weit größerer Skandal, als ein paar Tage zu spät gelockerte Grundrechtseinschränkungen in einem Wohlstandsland.

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Also lasst uns doch, egal wie schlimm die Lage jetzt ist, bitte aufhören uns aus Angst wieder in das alte Wirtschaftsmuster zu drängen. Das Argument Arbeitsplätze ist bestimmt manchmal legitim, aber nicht immer. Es müssen zukunftssichere Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden und wenn es keine Arbeit für alle gibt, muss es durch gerechte Verteilung des Vermögens dazu führen, dass keiner in Armut leben darf. Global.

Darüber hinaus müssen alle Maßnahmen jetzt darauf abzielen, das System nicht nur krisenfester zu machen, sondern auch ökologischer. Wie ich an anderer Stelle schrieb, müssen Investitionsprogramme dringend an das 1,5°C-Ziel geknüpft werden.

Das Wirtschaftssystem muss hin zur Gemeinwohlökonomie oder wie man es auch immer nennen will, wechseln. Es kann nicht sein, dass in den fetten Jahren sich das Geld bei wenigen Reichen akkumuliert und in Krisenzeiten schreien die am lautesten, die sich sonst einen feuchten Kehricht um den Staat kümmern, während man die Menschen ohne große Lobby oft das Gefühl gibt, im Regen zu stehen (siehe auch unseren Podcast zur teilweise wirkungslosen Soforthilfe für Solo-Selbständige).

Und ja, es fehlen ein bisschen auch die Konzepte und Lösungsansätze, wie man jetzt das Wirtschaftssystem umbaut. Da bin ich vor allem von der antikapitalistischen Linken ein wenig enttäuscht. Da wird oft von einer benötigten Revolution gesprochen, damit man den Turbokapitalismus abschaffen kann, dabei war das System noch nie so am Boden wie jetzt. Eine bessere Chance wie jetzt wird es vermutlich die nächsten Jahrzehnte nicht geben!

Dabei will ich jetzt nicht zum Kommunismus aufrufen, aber zu mehr Ideen, mehr Vorschläge, mehr politischen Druck, damit wir nicht wieder in dem Zerstörermodus landen wie vor der Krise! Wenn sogar der CSU-Ministerpräsident sagt, dass wir vom traditionellen Kapitalismus abkehren müssen, dann muss man die Gelegenheit doch am Schopfe packen!

Die Wirtschaft muss dem Menschen, im Einklang mit der Natur, dienen und nicht umgekehrt. Wenn dem nicht (mehr) so ist, muss man das System eben ändern.


Titelbild (Müll): meineresterampe


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