Corona Lockdown.

Eigenverantwortung hilft bei abstrakten Krisen nichts

Je mehr ich mich mit der Auslastung der Krankenhäuser beschäftige, desto eher glaube ich, dass das Feiern an Weihnachten mit der Familie keine so gute Idee ist. Aber ich werde trotzdem zähneknirschend nach Hause fahren, denn meine Familie will mich sehen und ich müsste mich erklären, warum ich nicht nach Hause komme. Auf diese Diskussion habe ich keine Lust, also mache ich zumindest eine Vorquarantäne. Aber die schützt bei so hohen Inzidenzen ja auch nicht 100%ig, weil Einkaufen und Co. geht man ja trotzdem.

So geht es vermutlich ziemlich vielen und deshalb könnte Weihnachten ein privates Superspreading-Event werden. Im Januar steigen dann die Fallzahlen und wir müssen die Maßnahmen verschärfen, nur weil wir ein wenig undiszipliniert waren. Am Ende hält keiner mehr irgendwelche Maßnahmen durch und entweder wird der Staat dann sehr ungemütlich mit den Repressalien werden oder wir lassen halt unnötig viele Menschen sterben.

„Ich mache ja keinen Unterschied“. Genau das hört man in der Klimakrise auch. Jeder hat es im Gefühl, dass die Krise immer unlösbarer wird, aber jeder tut sich schwer, konkrete Maßnahmen für sich selbst abzuleiten. Und dann erwischt man sich doch wieder beim Flug in den Urlaub, beim Kauf von Billigfleisch oder eben beim Feiern von Weihnachten, obwohl bald keine Intensivplätze mehr frei sind. Und wenn keine mehr frei sind, sterben alle, die gerade auf die Intensivstation müssen, nicht nur die Corona-Fälle. Das ist den Leuten irgendwie auch noch nicht ganz klar, glaube ich.

Eigenverantwortung hat dann seine Grenzen, wenn die Folgen sehr abstrakt sind. Ich sehe keine direkten Auswirkungen, wenn ich heute in den Urlaub fliege. Deshalb steigt weder der Meeresspiegel sofort, noch löse ich Hungerkrisen aus. Wenn ich jetzt nach Hause fahre, symptomlos Menschen anstecke und irgendwo jemand wegen mir stirbt, werde ich es nie erfahren. Selbst wenn meine Oma danach an Covid19 stirbt, weiß ich es in der Regel nicht, ob es meine Schuld war. Kann sie sich ja auch wo anders eingefangen haben…

Während ich, wenn ich heute diesen Blogeintrag nicht schreibe, genau weiß, dass ich morgen keinen Content für den Blog habe und somit auch keine Reichweite. Oder wenn ich nicht für die Prüfung lerne, werde ich konkret die Auswirkung in Form einer schlechten Note zu spüren bekommen. Hier klappt Eigenverantwortung ganz gut.

Deshalb braucht es klare und akzeptierte Regeln, um abstrakte Krisen zu lösen. Und ja, man kann es nicht allen recht machen. Auch ich hab kein Bock darauf, meine Grundrechte eingeschränkt zu bekommen. Aber ein bisschen schwanger gibt es nicht.

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Man hat verpasst, einen harten Lockdown frühzeitig zu setzen, damit wir Weihnachten hätten feiern können. Und ja, man hat im Sommer so einiges verpasst, um die Krise jetzt besser zu meistern. Aber die Kritik würde den Rahmen sprengen. Jetzt müssten wir vermutlich in den sauren Apfel beißen und an Weihnachten die Füße still halten. Machen wir aber nicht.

Laut einer repräsentativen Umfrage von Civey halten 68,4 % den „harten Corona-Lockdown“ mit Einschränkungen an Weihnachten und Silvester für richtig. Eindeutig falsch halten ihn nur 17,2 %. Ich sage jetzt mal, dass noch härter Maßnahmen trotzdem noch eine Mehrheit hätten. Sie müsste nur jemand aussprechen und sehr gut kommunizieren.

Ich denke, man hat bisher noch nicht ausreichend in der breiten Bevölkerung erklärt, dass man relativ einfach berechnen kann, wann das Gesundheitssystem am Ende ist. Tatsächlich finde ich gerade auch keinen Bericht, der das gut erklären würde. Was bezeichnend ist.

Aber das Appellieren an den Einzelnen wird nur einen kleinen Effekt haben, weil keiner für sich Nachteile in Kauf nehmen möchte. Natürlich wird es die völlig rationalen Menschen geben, oder welche, die eh keine Lust auf Weihnachten haben. Aber das wird nicht die Mehrzahl sein.

Ähnliche Lehren müssen wir für die Klimakrise ziehen. Man kann so große Entscheidungen nicht ausschließlich dem Individuum überlassen. Es müssen angemessene Gesetze und Maßnahmen getroffen werden. Das geht natürlich nur, wenn die Maßnahmen verstanden werden. Dafür muss man vermutlich noch mehr erklären.

Alle werden nicht der gleichen Meinung sein, aber irgendwann muss einer auch mal handeln, selbst wenn der Buhmann oder im Fall von Frau Merkel die Buhfrau ist. Hätte sie im September auf den Tisch gehauen und den frühzeitigen Lockdown hinbekommen, könnten wir vermutlich ohne große Ansteckungssorgen Weihnachten feiern.

Parallel dazu: Wenn in der Klimakrise jetzt mal jemand der drei großen (USA, China, Europa) international ein Machtwort sprechen würde, müssten wir nicht so sorgenvoll in die Zukunft schauen.

Und trotzdem möchte ich nicht, dass ihr jetzt Frust bekommt, weil Einzelmaßnahmen wirkungslos erscheinen. In der Klimakrise zählt jede Tonne CO₂, die nicht ausgestoßen wird und auch jetzt zählt jeder „Superspreader“, der daheim bleibt. Außerdem lenkt es ja das politische Stimmungsbild (und auch das Konsumverhalten), wenn man sich selbst so verhält, wie man möchte, dass die Politik handelt.

Aber ohne einen gemeinsamen Nenner und das sind Gesetze nun einmal, wird niemals eine Krise zu lösen sein.

Fordere jetzt Europa- oder Bundestagsabgeordnete auf, sich mehr für Klima-, Umwelt- und Artenschutz einzusetzen, indem du eine Protestpostkarte versendest: https://postkartenprotest.de/produkt/klima-arten-umweltschutz/


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