Wohin mit dem ganzen Geld? – Warum Investoren umdenken müssen

Die Europäische Zentralbank (EZB) scheißt uns mit Geld zu und keiner weiß wohin damit. Die Leitzinsen sind nach der historischen Krise 2008 auf ein Rekordtief gesunken. Dieser Rekord ist fast monatlich unterboten worden, bis der Leitzins Stand heute auf 0,05% gesunken ist. Das bedeutet, wenn Banken sich bei der EZB Geld leihen, müssen sie nur 0,05% Zinsen zahlen. Das hat teilweise groteske Züge angenommen, so verlangt die Commerzbank neuerdings Negativzinsen für großes Guthaben auf deren Konten.

Der Hintergrund dieser Zinssenkung ist klar: Die EZB möchte die Wirtschaft ankurbeln. Durch niedrige Leitzinsen können die Zinsen für Investitionen, welche die Banken vergeben auch niedrig gehalten werden. Doch wer schon einmal versucht hat, für sein Unternehmen einen Kredit zu beantragen weiß, dass die Banken dieses Spielchen nicht mitmachen. Was natürlich vernünftig ist.

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Bildquelle: Statista

So ist es nicht verwunderlich, dass sich die EZB ein neues Instrument ausgedacht hat um frisches Geld in den Markt zu pumpen. So wurde Ende Januar bekanntgegeben, dass die EZB ab sofort jeden Monat für 60 MRD € Staatsanleihen kauft. Eine Politik mit der Brechstange, mit dem obersten Ziel eine Deflation zu verhindern.

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Bildquelle: Statista

Eine Deflation ist das genaue Gegenteil der Inflation. Während bei der Inflation das Geld entwertet wird, wird bei einer Deflation das vorhandene Geld wieder mehr wert. Hört sich ja erst einmal gar nicht so schlecht an, ist aber für unsere Wirtschaft, wie sie jetzt existiert, tödlich.

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Bildquelle: Statista

Während der Kleinanleger, der sein Geld konservativ angelegt hat, am Ende mehr für sein physisches Geld erhält, schauen alle, die in großen Mengen Geld angelegt oder gar geliehen haben dumm aus der Wäsche.

Denn was zur Zeit passiert hat leider nichts mehr mit den ursprünglichen Grund, wieso eine Deflation schlecht ist, zu tun, sondern hat viel weitreichendere Ursachen. So ist die Inflation und das niedrige Zinsniveau natürlich auch politisch und gar nicht so sehr unternehmerisch gewollt. Überschuldete Staaten könnten ohne diese Maßnahmen entweder gar keine Anleihen mehr verkaufen oder nur mit horrenden Zinsen.

Preissenkungen wirken sich positiv auf die Wohlfahrt aus, wenn sie auf gestiegener Effizienz beruhen. Im Gegensatz dazu beruhen die Preissenkungen bei Deflation meist auf fehlender Nachfrage. Dies führt dazu, dass Unternehmen nicht mehr investieren, weil Investitionen keinen Gewinn mehr versprechen und Konsumenten ihre Konsumausgaben möglichst nach hinten schieben, weil die Produkte immer billiger werden. – Wikipedia

Um das jedoch konkret zu bewerten bin ich nicht Fachmann genug. Ich behaupte aber, dass wir derzeit keine Nachfrageprobleme besitzen, sondern der Konsummarkt einfach gesättigt ist, da Unternehmen auch vor der Krise nicht innovationsfreudig waren und das größte aller Probleme: Unser Wirtschaftswachstum stammt fast ausschließlich aus fossilen Rohstoffen.

Konsumindex 2014

Von sinkender Nachfrage keine Spur: Der Konsumindex von comdirect

Bewusst war es mir schon immer, richtig die Augen geöffnet hat mir aber die Dokumentation Collapse – Steht unsere Welt kurz vor dem Kollaps?. Die Doku ist zwar ziemlich flach aufgebaut, doch genau das rüttelt auf. Die Kernaussage des Films ist, dass unser Wirtschaftswachstum nur auf Öl aufgebaut ist und wir noch keine Idee haben, was wir machen, wenn dieser Rohstoff ausgeht – und das wird er irgendwann.

Dass wir Wirtschaftswachtum im aktuellen System(!) benötigen, um unseren Wohlstand zu erhalten bzw. auszubauen ist unstrittig, doch wie dieser derzeit erreicht wird ist mehr als zweifelhaft. Der WWF bringt alle zwei Jahre eine Studie heraus, wie viele Erden wir benötigen um unseren Ressourcenhunger zu stillen. Demnach benötigen wir derzeit 1,5 und im Jahr 2030 schon zwei Erden. Wir konsumieren und produzieren gerade also auf Kredit der Natur und nachfolgenden Generationen.

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Bildquelle: Statista

Die gezeigte Grafik zeigt drastisch, dass unsere Wirtschaft immens von fossilen Ressourcen abhängig ist. In den Top 10 der umsatzstärksten Unternehmen in Europa befinden sich mit Rosneft, Eni, Gazprom, Total, BP und Shell sage und schreibe 6 Unternehmen, die ihr Geld mit dem Öl- und Gashandel verdienen. Hinzu kommen mit Glencore Xstrata ein Unternehmen, welches sein Geld durch Rohstoffgewinnung wie seltene Erden verdient und mit E.ON ein Konzern, welcher diese Rohstoffe in elektrische Energie umwandelt.

Die Top10 wird komplementiert von zwei Autobauern. Und dass diese Industrie nicht gerade ressourcenschonend ist, ist denke ich selbstredend. Generell ist jedes dieser aufgelistete Unternehmen auf natürliche Ressourcen angewiesen. Am wenigsten vielleicht die beiden Telekomunikationsunternehmen, obwohl diese auch mit Servern, Kabeln usw. auf natürliche Ressourcen angewiesen sind.

Gibt es die perfekte Industrie?

Nun stellt sich natürlich die Frage, ob es überhaupt möglich ist, das Wirtschaftssystem so umzugestalten, dass wir nicht über unsere Verhältnisse leben und trotzdem ein gesundes Wirtschaftswachstum verzeichnen können. Schwierig aber machbar.

Durchschnittlicher Pro-Kopf-Rohstoffverbrauch im Leben eines Bundesbürgers im Jahr 2010 (in Tonnen)
Pro-Kopf-Verbrauch in Tonnen
Bausande und -kiese 227,5
Gebrochene Natursteine 205,8
Braunkohle 165,3
Erdgas (1000 m³) 98,9
Erdöl 93,4
Kalk- und Dolomitsteine 61,3
Steinkohle 56,7
Stahl (Rohstahl) 42,8
Alle weiteren Informationen zur Statistik finden Sie auf Statista

Natürlich nehmen Konsumenten (Stichwort: nachhaltiger Konsum), Unternehmen (Ressourceneffizienz, geplante Obsoleszenz) und Politik für dieses Vorhaben eine wichtige Rolle ein, doch darüber haben wir schon sehr oft berichtet und darum soll es hier nicht weiter gehen. Eine nicht zu unterschätzende Macht haben nämlich die Investoren, bei denen ein Umdenken dringend nötig ist.

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Bildquelle: Statista

Wohin jetzt mit meinem Geld?

Während private Kleinanleger ihr Geld größtenteils in sichere Spareinlagen „anlegen“, gehen Großinvestoren ganz andere Wege und möchten möglichst hohe Renditen herausschlagen. Ein Mittelweg stellten hier oft Staatsanleihen dar, indem z.B. Rentenfonds investierten. Zum einen gab es höhere Renditen als auf der Bank, zum anderen war diese Anlageform relativ sicher.

Diese Möglichkeit wurde durch das Handeln der EZB geraubt, da Anleihen für sichere Staaten so gut wie keinen Ertrag mehr bringen. Eine zehnjährige deutsche Staatsanleihe bringt zum Beispiel lächerliche 0,45% Zinsen im Jahr. Da wird der Ertrag natürlich durch die gerade künstlich hochgehaltene Inflation aufgefressen. Das ist selbstredend auch für Deutschland gut, da sie in zehn Jahren effektiv weniger Geld zurückzahlen müssen, als sie sich heute geliehen haben.

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Bildquelle: Statista

Möchte man nun große Mengen Geld anlegen, greifen Investoren oft auf das Mittel zurück auf die Big Player zu setzen. Das ist auch nachvollziehbar, zum einen besitzen sie eine Marktmacht, haben sich etabliert und zum anderen ist das Risiko ebenfalls überschaubar. Doch Großinvestoren sind ungeduldig und drängen auf jährliche Renditen, sodass Investitionen in Innovationen, wie Ressourceneffizienz, die sich erst in einigen Jahren auszahlen, hintenanstehen.

Ein gutes Beispiel für die Ungeduld von Investoren ist die Amazon-Aktie. Diese hat sich in den letzten fünf Jahren im Wert verdreifacht und trotzdem haben Investoren nach dem letzten Geschäftsbericht angekündigt, ihr Geld abzuziehen. Denn trotz gestiegenem Umsatz hat die Aktiengesellschaft noch nie eine Dividende gezahlt.

Wer aber nachhaltig investieren möchte, muss einen enormen Rechercheaufwand betreiben und auch von der Sache überzeugt sein. Natürlich hat sich auch die Finanzwirtschaft dem nachhaltigen Investment angenommen und bietet entsprechende Fonds an. Doch wie erwartet ist auch hier mehr Schein als Sein, nur ein Fond konnte laut Stiftung Warentest überzeugen.

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Bildquelle: Statista

Aber auch diese Anlagefonds werden vornehmlich in schon große Unternehmen investieren und so fängt das Spiel von vorne an und das Geld geht an dem, der die beste CRS Abteilung besitzt.

Nachhaltig investieren ist zeitintensiv

Ich denke, dass man bei Investitionen mehr auf Innovationen und in kleine und aufstrebende Unternehmen setzen sollte um auch das oben aufgeführte Unternehmensgeflecht zu zerbrechen oder wenigstens zu schwächen. Auch finde ich, dass das Internet und der Dienstleistungssektor enorme Möglichkeiten besitzt, nachhaltig zu investieren. Wir müssen davon wegkommen, Mehrwerte und Wachstum ausschließlich durch die Verwendung von fossilen Rohstoffen zu generieren und darauf sollte auch die Investitionsentscheidung beruhen.

Gute Anlaufstellen dafür sind zum Beispiel diverse Crowdfundingplattformen wie die deutsche Mikroinvest oder Greenrocket. Auch grüne Unternehmen bieten meist die Möglichkeit sich via Anteile oder Anleihen zu beteiligen, die muss man sich jedoch zusammensuchen. Dafür fehlt mir allerdings die Zeit und das Wissen, um diese hier alle aufzuführen. Ich denke da beispielsweise an die Genossenschaft von Greenpeace Energy.

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Bildquelle: Statista

Branchen, die wenig Ressourcen benötigen um Mehrwerte zu schaffen kann man ebenfalls in die Investitionsentscheidung einfließen lassen. Hier fällt mir auf Anhieb der genannte Dienstleistungssektor, Journalismus, Wissensbeschaffung und Vermittlung ein.

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