Moralische Bedenken beim Zoobesuch?

Im mdr lief neulich eine interessante Dokumentation hauptsächlich über den Berliner Zoo und den Todesfall des Eisbären Knut. Ein großes Thema war natürlich, in wie weit man Tiere artgerecht halten kann. Diese Dokumentation kann man übrigens noch in der Mediathek ansehen.

Deutschland ist ein Zoo-Land. Es gibt rund 200 Zoos und 500 kleinere öffentliche Gehege wie Kleinzoos oder Vogelpärke. 32 Mio Besucher können alleine nur die Zoos aufweisen, dass sind 20 Mio. mehr als die 1. Bundesliga jährlich ins Stadion locken kann.
Da ich und meine kleine Familie selbst gerne in Zoos gehen, stellt sich natürlich auch mir die Frage, ob ein Zoobesuch überhaupt moralisch vertretbar ist.

Was ist ein Zoo?
Ein Zoo ist per Definition nur eine Zurschaustellung von Tieren in ihrer „natürlichen“ Umgebung. Also ist sowas wie ein Zirkus kein Zoo. Außerdem muss er an mind. 7 Tagen im Jahr der Öffentlichkeit zugänglich sein.

Welche Aufgaben hat ein Zoo?
Wie schon erwähnt, hat ein Zoo vor allem die Aufgabe, dem Publikum, Tiere in einer natürlichen Umgebung zu zeigen. Das bedeutet, die Gehege müssen gut zugänglich und einsehbar sein, was natürlich schwierig umzusetzen ist, bei Arten mit großen natürlichen Bewegungsdrang (Elefanten z.B). So ist es ein wenig paradox, dass Wildschweine in manchen Wildpärken (geschätzt) zehnmal so viel Platz haben, wie Elefanten die täglich 30km wandern, obwohl sie „nur faul in der Sonne rumliegen“.

Umweltbildung
Viele Zoos setzen auch auf Umweltbildung, was meiner Meinung nach sehr wichtig ist. Kindern z.B. ist die Zerstörung der Natur viel besser zu erklären, wenn sie vor Augen haben, was auf dem Spiel steht. Und wenn man sich nicht so gut auskennt, wie unsere fleißigen Blog2Help Leser, sind die Infotafeln die man heutzutage in jedem guten Zoo vorfindet, Gold wert.

Artenschutz:
Das ist eigentlich immer das Hauptargument für alle „Zoofanatiker“, wenn es um den Sinn von Zoos geht, der Artenschutz. Tatsächlich gibt es vereinzelte Tierarten, die dadurch erhalten worden sind, jedoch sind das zumeist nur Kleintierarten, da das logistisch natürlich einfacher zu handhaben ist. Derzeit wäre es absolutes Wunschschdenken, dass wenn z.B. der Tiger ausstirbt, er durch die gezüchteten aus den Zoos ersetzt werden könnte. Erstens wird kein Zoo freiwillig sein Puplikumsmagnet hergeben, zweitens gibt es dafür wohl zu wenig Population in den Zoos um ihn aussiedeln zu können + noch eine „Zuchtreserve“ zu halten.

Das Zuchtbuch und Zuchtprogramme
Allerdings gibt es von renommierteren Zoos schon ambitionierte Ziele in der Hinsicht. So gibt es Zuchtbücher in denen alle Tiere des jeweiligen Zuchtbuchs (pro Tier ein Zuchtbuch, jedoch gibt es nicht für alle Tiere eins, hauptsächlich für gefährdete Arten) mit allerhand Informationen dokumentiert werden.
Dies dient dazu, dass in Zuchtprogrammen, die richtigen Tiere ausgewählt werden können um z.B. Inzucht zu vermeiden und einen großen Genpool zu bekommen, damit die Tiere mehr Widerstandskraft haben und so überlebensfähiger sind.

Gemeinnützigkeit
Auch wenn in dem mdr-Bericht kritisiert wird, dass im Berliner Zoo, trotz Gewinn, nichts in den Zoo investiert worden ist, ist es doch positiv hervorzuheben, dass überwiegend alle Zoos eine gemeinnützige Gesellschaftsform haben, also per Rechtswegen keinen Gewinn ausweisen dürfen, sondern z.B alles wieder in die Gesellschaft stecken müssen (Rücklagenbildung ausgenommen).

Mehr Fläche weniger Tiere
Durch großen Protest und gesellschaftlichen Wandel sind die meisten Zoos von dem Gedanken weggekommen, möglichst viele Tiere anbieten zu müssen um Besucher zu erhalten. Das Gegenteil ist meist der Fall. Natürlich (leider) braucht jeder größere Zoo Zugpferde wie Löwen, Tiger oder Elefanten, aber die in einem „artgerechten“ Gehege. Wenn es sogar für den Laie ersichtlich ist, dass das Tier nicht artgerecht gehalten wird, fühlen sich wohl viele Menschen unwohl und der Zoo gerät in die Kritik. Auch sind die Zoos von selbst darauf gekommen, weil dadurch der Zuchterfolg gestiegen ist und Zuchterfolg bedeutet, dass man z.B. mit anderen Zoos Tiere tauschen kann, was ein wichtiges Mittel für einen Zoo ist, da Tiere ja deren Kapital ist.

Hauptstadtzoo
Das Gegenteil ist leider in Berlin der Fall (wie auch schon in dem mdr-Bericht erwähnt). Berlin schimpft sich als artenreichster Zoo Europas, aber für welchen Preis? Wer ihn mal selbst besucht hat, der ist z.B über die Größe der Käfige in dem die Raubkatzen gehalten werden erschüttert. Oder wenn man die Fläche, die Elefanten oder Giraffen in Berlin zur Verfügung stehen, mit der von Leipzig vergleicht kann man auch nur den Kopf schütteln. Auch die Eisbärengehege sind auf einen Blick als zu klein zu titulieren.
Der einzige Grund, warum Berlin trotzdem so erfolgreich ist, ist wohl seine einzigartige Lage. Jeder Geschäftsmann würde sich die Finger schlecken, wenn er dieses Grundstück in der besten Lage Berlins bekommen könnte. Aber genau das ist der Grund, warum der Berliner Zoo Probleme hat zu expandieren. Die einzige Möglichkeit um Gehege vergrößern zu können, wäre ein paar Arten aufgeben zu müssen, aber den „Titel“ Artenreichster Zoo ist wohl für Berlin zu schwer abzugeben.

Fazit:
Im mdr-Bericht ist natürlich auch ein umstrittener Zoo herausgesucht worden. Trotzdem ist in Zoos nicht immer alles Gold was glänzt. Jeder größere Zoo hat heutzutage auch eine Marketingabteilung und weiß sich perfekt zu vermarkten, deshalb sollte man sich nicht manipulieren lassen und von 100% artgerechter Haltung ausgehen, die gibt es nämlich nicht.
Sie sollten nicht mit all zu schlechten Gewissen in einen Zoo gehen, denn die Milchmädchenrechnung, dass wenn keiner in den Zoo geht, es besser wird, wage ich zu bezweifeln. Städte und Kommunen trennen sich äußerst ungern von ihren Aushängeschildern der Stadt und so wird die Situation der Tiere mit weniger Einnahmen eher schlechter als besser.
Sie können meiner Meinung nach jedem Zoo eine Chance geben und wenn Sie sich unwohl fühlen, weil die Tiere dort schlecht gehalten werden, teilen Sie diesen Missstand der Welt mit. Dies geht z.B direkt an den Zoo aber auch z.B Peta nimmt solche Meldungen sehr ernst und uns gibt es ja auch noch. Erkennen können Sie das z.B wenn Tiere Verhaltensauffälligkeiten aufweisen wie z.B ständiges hin- und hergelaufe, mit dem Kopf wippen oder eine Kombination aus beidem.
Öffentlicher Druck bewirkt meist Wunder und ist verlässlicher als die teils zu laschen Gesetze für Zoos.
Auch ist es für Kinder immer ein schönes Erlebnis, jedoch versuchen Sie Ihren Kind so gut wie möglich zu erklären, wie diese Tiere leben, dass Tiere kein Spielzeug sind und wie man sie schützen kann. Auch sollten Sie natürlich die Tiere nicht füttern oder provozieren.
Man kann in Sachen Zoo natürlich auch eine andere Meinung habe, diese können Sie uns gerne per Kommentar mitteilen, wir sind interessiert.

P.S: Und in Berlin gibt es auch noch einen schönen Tiergarten, der sogar noch grösser und vllt. sogar noch schöner ist als der Zoo 😉

Ein Gedanke zu „Moralische Bedenken beim Zoobesuch?

  1. Das ist schon so eine Sache mit den Zoobesuchen.
    Ich bin da auch immer hin und her gerissen.
    Allerdings muss man wirklich sagen, dass Deutsche Zoos häufig im Vergleich zu anderen Ländern verhältnismäßig schön sind.

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