Ein Marienkäfer der auf einem Brennesselblatt sitzt.

Wie schlimm ist das Insektensterben wirklich?

Schon in den ersten Jahren des Bloggens hier auf Blog2Help ging es oft um Insekten und deren Schutz. Hauptsächlich habe ich das Thema Biene und Bienenhotel versucht voranzutreiben. Sechs Jahre später ist das Thema Insektensterben endlich im „Mainstream“ angekommen.

Viele Medien berichten derzeit rund um das Thema Insektensterben. Das Bundesumweltministerium hat es auf seine Agenda gepackt und auch in dem ein oder anderem Wahlprogramm ist das Thema zu finden. Das ist natürlich gut, wenn nicht sogar sehr geil. Es ruft aber wie bei jedem Thema, das auf einmal aufkommt, unsere Lebensweise kritisiert und scheinbar omnipräsent ist, viele Kritiker zu Wort.

Warum wird das Thema Insektensterben ausgerechnet jetzt so heiß gekocht?

Naturschutzverbände, grüne Institute und nicht zuletzt die Partei haben wohl geschickt das diesjährige Sommerloch ausgenutzt und das Thema ins Rollen gebracht. Außerdem ist durch zahlreiche erfolgreiche Dokus wie „More Than Honey“ das Thema nach und nach auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nicht zuletzt, weil es Netflix ins Programm aufgenommen hat und der Streamingdienst auch in Deutschland nach un nach erfolgreicher wird.

Aber auch die öffentlich Rechtlichen haben das Thema Insekten- und Bienensterben in den letzten Jahren immer mal wieder aufgegriffen, sodass die Affinität der Leute für das Thema zusätzlich gesteigert wurde.

Der große mediale Wurf gelangt mit einer dramatischen Zahl. „80% Rückgang von Insekten“ oder ähnliche Formulierungen wurden neulich in Umlauf gebracht. Diese Zahl geht auf Forschern in Krefeld (NRW) zurück, die Jahrelang Insekten mit einer Falle an 88 Standorten einsammelten und das Gewicht der eingesammelten Insekten gewogen haben. Laut ihren Messungen ist die Biomasse der Insekten an allen Standorten zurückgegangen. An einem gab es im Jahr 2013 im Vergleich zu 1984 einen Rückgang um bis zu 78% (Quelle). *Update* Nun ist die Messmethode der Hobbyforscher wissenschaftlich bestätigt worden: Siehe Spektrum der Wissenschaft.

78% Rückgang von Insekten in NRW

Kritiker bemängeln jetzt ernsthaft, dass die Zahl ja schon älter ist und man sie deshalb nicht für aktuelle „Propaganda“ benutzen darf. Ich finde schon, kann ja keiner was dafür, dass die Leute jetzt erst darauf anspringen. Berichtet wurde schon öfters mit der Zahl.

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Auch wird kritisiert, dass die Zahlen zum Insektensterben nicht ausführlich genug sind, um eine endgültige Aussage um das Wohl der Bienen und Co. zu treffen. Stimmt. Hat ja auch keiner finanziert, weil es schädlich fürs Geld verdienen wäre, hier verlässliche Zahlen zu bekommen.

Ein weiterer Treppenwitz der Argumentation ist, dass doch der Bienenbestand in Deutschland stabil geblieben ist, weil es mittlerweile so viele Hobbyimker gäbe. Ja, wieso gibt es denn so viele Hobbyimker? Weil nervige Menschen wie ich jeden mit dem Insektensterben auf den Sack gegangen sind und es deshalb medial einfacher war, neue Imker zu rekrutieren. Obwohl ich einen 20%igen Rückgang der Bienenvölker bei gleichzeitigem Anstieg der Imker um ~20% nicht als großen Erfolg sehen würde. Siehe Zahlen vom Deutschen Imkerverband.

Viele Artenschützer kritisieren hingegen, dass die Honigbiene eigentlich nichts über den Zustand der Arten aussagt. Sie ist wie das Schwein oder die Kuh ein einfaches Nutztier. Man kann jedoch nicht abstreiten, dass viele kleinen Hobby-Imker-Vereine viel für die Natur und den Artenschutz in ihrer Region machen.

Insektensterben ja oder nein?

Wenn es also keine allumfassende Studie gibt, ist das ganze ein Indizienprozess. Und hier ist die Faktenlage der Anklage:

  • 41% der noch 560 existierenden Wildbienenarten sind vom Aussterben bedroht. (1)
  • 45% der wirbellosen Tiere stehen auf der roten Liste (1)
  • In manchen Regionen sind 40% der Insekten vom Aussterben bedroht (1)
  • Von 2.409 Arten auf der roten Liste im Bereich wirbelloser Tiere erholten sich seit 1998 nur 1,7% der Arten. Bei 15,6% wurde ein Rückgang der Population gestoppt. Bei 51,2% der Arten ist ein Rückgang zu verzeichnen. Der Rest ist leider unbekannt. (2)
  • Rückgang der Biomasse von Insekten in NRW um bis zu 78%. (s.o)
  • 1766 wurden in Bayern noch 3.250 Schmetterlingsarten nachgewiesen. Im Jahr 2001 waren es nur noch 2.819. Das ist ein Rückgang von 400 Arten (13%) (3)
  • Ebenfalls im Bayern wurden zwischen 1840 und 1849 noch 117 Tagfalterarten verzeichnet. Im gleichen Beobachtungszeitraum zwischen 2010 und 2013 waren es nur noch 71. (4)
Schmetterling auf einer Blume

Es gibt in der Forschung vor allem Zahlen zu Schmetterlingen, weil es in diesem Bereich mehr (Hobby-)Forscher gibt als beispielsweise bei Stechmücken.

Klar ist aber, dass die Forschungsbemühungen in diesem Bereich massivst erhöht gehören. Das sieht auch Prof. Wolfgang Wägele, Direktor des Forschungsmuseums Koenig, Bonn so. Wie in so vielen Forschungsgebieten muss man auch hier froh sein, dass es überhaupt Hobbyforscher gibt, ohne die es so gut wie keine Erkenntnisse gäbe. Du wärst überrascht, in wie vielen Forschungsgebieten es nur wegen Hobbyforschern klappt. Ich sage nur Asteroidenbeobachtung. Aber das ist ein anderes Thema.

Quellen Faktencheck:

(1) WDR; (2) Artenschutz-Report vom Bundesamt für Naturschutz; (3) Spiegel; (4) Studie TU München;

Die Argumente reichen mir nicht

Ich halte es hier wie beim Klimaschutz. Man kann es gerne leugnen und allen erzählen, dass sie unnötig Panik haben. Vielleicht haben die nervigen Leute mit erhobenen Zeigefinger unrecht und schüren nur Panik mit Klimawandel, Insektensterben und dem alles. Aber sollten sie richtig liegen, ist das ein Fehler, der nicht mehr gut zu machen sein wird. Wenn die Insekten weg sind, sind sie weg. Mit all ihren negativen Auswirkungen. Wenn man sich hingegen bei der Bildungspolitik oder bei Bankenrettungen irrt, kann man das alles wieder richten.

Ist die Natur im Arsch, sind wir es auch.

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Wie kann ich helfen?

Das Problem kommt wie gesagt so langsam im Mainstream an, aber vielleicht zu spät. Deshalb ist jeder gefragt, mit kleinen Maßnahmen die Artenvielfalt zumindest so zu erhalten, dass ein politisches Umdenken in fernen Zukunft überhaupt noch Sinn ergibt. Denn sind die Arten erst einmal ausgestorben hilft keine Schutzmaßnahme der Welt etwas.

Die umfangreichsten Informationen, wie man privat, aber auch als Landwirt schnell der Wildbiene helfen kann findet man unter Wildbee.ch. Dort gibt es sehr viele Anleitungen und Informationen.

Wichtig ist vor allem das Futterangebot vor Ort (Blüten) und Nistmöglichkeiten (Insektenhotel). Ich habe dazu etwas im Jahr 2011 geschrieben, was nicht ganz so ausführlich ist, wie meine neuen Artikel. Ich versuche da baldmöglichst etwas nachzuschießen.

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2 Gedanken zu „Wie schlimm ist das Insektensterben wirklich?

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