Mein Madagaskar Tagebuch

Anfang des Jahres habe ich mich gemeinsam mit meinem ehemaligen Englischprofessor und fünf weiteren Studenten/innen auf den Weg ins ferne Madagaskar gemacht, um ein Projekt von Prof. Dr. Inman voranzutreiben.

Seit fünf Jahren nutzt er die Wintersemesterferien um mit einer Handvoll Studenten in das schöne Dorf Maroantsetra zu fliegen um den Guides des Nationalparks Masoala Sprachschulungen zu ermöglichen. Dank dem Militärputsch im Jahr 2009 und der daraus resultieren politischen Unklarheit gibt es seitdem keine finanzierten Schulungsmaßnahmen mehr im ganzen Land. Auch Organisationen sind sehr rar gesät auf der viertgrößten Insel der Welt. Deshalb müssen die Studenten auch den Großteil der Schulungsmaßnahmen aus dem eigens ersparten Geld finanzieren. Ziel dieser Schulungsmaßnahme ist, den Öko-Tourismus voranzutreiben und den Leuten vor Ort das Gefühl zu geben, dass sich jemand für ihre Probleme interessiert.

Ich werde euch nun die fünf Wochen aus meiner Sicht erzählen.

Nach der Landung auf dem Hauptstadtflughafen Antananarivo ging es nach ein paar Stunden mit einer etwas kleineren, aber gut aussehenden Maschine weiter in Richtung Maroantsetra, das im Nordosten Madagaskars liegt. Mitten zwischen Wald, Reisfeldern und kurz vor dem Meer sahen wir eine kleine Landebahn aus Gras, die ein bisschen an Seegelflugplätze bei uns erinnert. Nach der Landung konnte man feststellen, dass die Ausstattung des Flughafens spärlicher war als der unserer Hobbyflughäfen.

Das war die beste Lehrertruppe der Welt 🙂
Die Abflug und Ankunfttafel am Flughafen

Das Nationalparkbüro Masoala von Maroantsetra hat uns einen Jeep bereitgestellt, mit dem wir dann ins Dorf in unser Hotel Antongil gefahren sind. Die Fahrt dorthin war schon ein bisschen beeindruckend: Bei ca. 38°C und ca 70% Luftfeuchtigkeit ging es auf nicht asphaltierte Pisten vorbei an kleinen selbstgebastelten Häusern in Richtung der 20.000 Einwohner Stadt. Auch dort wechselten sich Schlaglöcher und Steine ab.

Im doch recht spärlich eingerichteten Hotel suchten wir uns in 2er Teams unser Schlafgemach, das aus einem Bett, einem Waschbecken und einem Tisch bestand. Astrid‘s und Leonie’s Zimmer verfügte noch über den Luxus einer Dusche. Sehr toll war der Gemeinschaftsbalkon, auf den nur wir Zugriff hatten. Alles in allem konnten wir nicht meckern. Für die Leute, die man bei RTL Explosiv und Co immer sieht, die sich über ihr 1€ Hotel aufregen, wäre dies wohl nicht die richtige Bleibe. Für alle, die nicht aus Zucker sind werden sich dort wohlfühlen. Dank der knapp 16 Stündigen Anreise sind wir nur noch ein Bisschen durch die Stadt geschlendert und dann tot ins Bett gefallen.

Am zweiten Tag wurden wir den ersten Guides vorgestellt, die schon in der Stadt angekommen waren, bzw. sowieso dort leben. Diese haben mit uns eine kleine Führung durch den Markt gemacht und erste Sprachkenntnisse wurden ausgetauscht. Die Schulungsmaßnahme läuft folgendermaßen ab: Jeder Guide hat das Recht bei dem englischen Sprachkurs von Prof. Dr. Inman mitzumachen. Wer Englisch dann soweit perfekt beherrscht, darf als Belohnung mit den Studenten Deutsch lernen. Die deutschen Plätze sind sehr beliebt, da wir dank kleinen Gruppen beachtliche Fortschritte erzielen können und die Guides natürlich wissen, dass der deutsche Markt der größte für Ökotourismusist ist .

Am Mittwoch, den dritten Tag ging dann die „Arbeit“ für uns los. In einem Schulungsraum direkt unter dem Hotel wurden wir den „Deutsch-Guides“ vorgestellt und haben sie in Gruppen eingeteilt um sie effektiv schulen zu können. Ich selbst hatte nur einen Guide, der noch über keine Deutschkenntnisse verfügte.

Schulungsraum

Ansonsten gab es noch zwei zweier und ein dreier Team. Ich selbst hab mich am Anfang nur auf grundlegende Vokabeln rund um die Natur, Zahlen, Ortsangaben, Zeitangaben, Richtungsangaben und grundlegende Reisebegriffe konzentriert. Das Kerlchen war sehr clever, sodass wir am dritten Tag schon kurze sinnvolle Sätze inklusive Grammatik lernen konnten. Auch Freddy und die vier Mädels waren begeistert von den Fortschritten ihrer Schüler. Was man nicht mit ein bisschen Lernwillen alles erreichen kann. Sollte ich mir mal ein Beispiel fürs Studium nehmen …

Das Wochenende war für uns und die Guides frei. Zwei Führer (einer aus der mittleren und einer aus der fortgeschrittenen Gruppe) boten uns an, in den privaten Park Frankaraina zu fahren um uns dort eine Führung zu geben. Das hat für sie den Vorteil, dass sie ihre Sprachkenntnisse auffrischen können und für uns, das wir schon früher in den Regenwald kommen.

Der berühmte Baum des Reisenden

Interessant war, dass wir erst einmal eine knappe Stunde mit einem Einbaumboot durch die Flusslandschaft fahren mussten, bis wir am Park angekommen waren. Ok, ganz waren wir noch nicht im Park. Knapp 40 Minuten Fußmarsch waren noch auf einer Straße ohne Schatten bei gefühlten 7000° von Nöten. Verdammte Abholzung … Doch es hat sich gelohnt. Nicht nur, dass der Wald atemberaubend war, auch der abschließende Besuch des Traumstrandes waren die Mühen wert.

Am Montag sollte es eigentlich schon direkt in den Masoala-Nationalpark gehen, um direkt vor Ort das Führen in Deutsch zu unterrichten. Aufgrund von ständigem Benzinmangel im Dorf war es aber noch nicht klar, ob wir das Boot startklar bekommen. Wir bekamen es nicht startklar und gingen in das Klassenzimmer zum lernen. Am Dienstagmorgen war es dann aber so weit. In aller herrgottsfrüh ging es los mit einem etwas größerem Fischerboot aufs Meer um nach vier Stunden Fahrt den Nationalpark zu erreichen.

Nachdem die Zelte aufgebaut waren, führten uns unsere Guides durch das Dorf. Knapp 40 Menschen wohnen auf dem kleinen Gebiet und arbeiteten überwiegend als Fischer oder aber wenn Touristen da sind als Tagelöhner. Aus Kostengründen schliefen wir in Zelten, für Touristen stehen aber auch Holzhütten bereit und auch eine sehr noble Lodge ist im Nationalpark vorhanden. Diese hat Anfangs die Schulungsmaßnahmen durch billige Hüttenpreise für die Studenten unterstützt, will aber jetzt leider nichts mehr davon wissen. Trotz dem unumgänglichen Regen, der Nachts teilweise sehr stark vom Himmel fällt, war das Schlafen im Zelt eigentlich ganz angenehm. Wir sind ja noch jung.

Täglich ging es dann durch die verschiedenen Touren in den Nationalpark und wir erklärten, wie man bestimmte Tiere, Situationen, Pflanzen, Rituale und was Touristen sonst noch wichtig ist, beschreiben kann. Im Regenwald entdeckt man schon ziemlich viele Tiere, aber viel weniger, als man es sich vorstellt. Oftmals ist viel Geduld und ein gutes Auge gefragt. Apropos gutes Auge, ohne die Guides wäre man wohl aufgeschmissen und würde so gut wie nichts sehen.

Es war immer wieder erstaunlich, wie sie auch kleinste Tiere, wie das kleinste Chamäleon der Welt (Brookesia micra) schon aus der Ferne erspähten. Die Touren fanden aufgrund der hohen Hitze und Luftfeuchtigkeit überwiegend am Morgen statt. Mittags nutzten wir dann die Zeit uns bei einem traumhaften Wasserfall nicht weit vom Lager, zu entspannen. Nachmittags wurde dann im Lager noch bis zum Abendessen Theorie gebüffelt. Den Tag selbst haben wir dann meist mit einem Bierchen gemeinsam mit den Guides die Lust hatten, sich noch zu unterhalten, am Strand ausklingen lassen. Relativ früh ging es dann immer ins Bett, ohne Strom macht das auch am meisten Sinn 🙂

Am Wochenende ging es wieder zurück in die Stadt ins Hotel. Dort übernachteten auch die (überwiegend englisch lernenden) Guides, die von weiter her (Antalaha) gekommen sind. Diese haben um bei der Schulung mitmachen zu können einen dreitages Fußmarsch auf sich genommen und waren sehr dankbar, dass wir hier sind. Ein paar, mit denen ich mich gleich gut verstand, habe ich gleich unter meine Fittiche genommen. Aber auch alle Anderen, allen voran Astrid, die mit Abstand am besten Französisch spricht, standen bei Fragen der Guides immer zur Verfügung. 

Abends haben wir dann das Nachtleben Maroantsetras unsicher gemacht. Die Karaoke Kneipe „Supergut“ fürchtet sich wahrscheinlich jetzt noch, wenn sie Weiße sehen. Dort lernten wir auch ein paar Männer und Frauen vom amerikanischen Peace Corps kennen. Die einzigen, die ein wenig humanitäre Hilfe ins Dorf bringen. Insgesamt waren die Wochenenden immer sehr witzig und egal wo wir hingekommen sind, wir wurden immer herzlich empfangen und teilweise wie Stars behandelt. Auch faszinierend zu sehen war, dass vor allem die jungen Leute auf uns zugekommen sind und mit uns ihre Englischkenntnisse vertiefen wollten. Der Lernwille dieser Leute war einfach unglaublich.

In der dritten und letzen Schulungswoche ging es auf die kleine Insel Nosy Manga Be, jedoch mit dem gesamten Trupp (also englische und deutsche Schüler). Insgesamt schätze ich waren es 45 Mitreisende. Nach der Ankunft sah man schon, dass dieses kleine Stück Erde unserer Vorstellung des Paradieses schon sehr nahe kam. Wäre nicht die schmackhafte Nahrung am dritten Tag (ab da an gab‘s nur noch Reis) ausgegangen, wäre ich wohl nicht mehr freiwillig von der Insel runter. War hier der Wasserfall zwar nicht ganz so traumhaft wie der in Masoala, hat es der Strand und allgemein die Natur wieder mehr als wettgemacht. Gleich zur Ankunft begrüßten uns eine Handvoll Lemuren, die mich im späteren Verlauf des Aufenthaltes auch versucht haben bei einem Nickerchen einzukoten.

Auch hier haben wir das bewährte Prinzip der morgendlichen Führung und abendlichen Nacharbeit erfolgreich angewandt. Mein Guide, der ohne jegliche deutsche Sprachkenntnisse dahergekommen ist, konnte am Ende schon sehr viel. Selbst einfache Fragen, die nichts mit den gelernten Standardsätzen zu tun hatten, konnte er schon relativ gut beantworten. Mit ein bisschen Eigenarbeit und eventuell noch einer Schulung und er kann auf jeden Fall Touristen, die notfalls ein wenig englisch verstehen, übernehmen. Deshalb hoffe ich, dass die Schulungsmaßnahmen auf jeden Fall weitergehen. Außerdem habe ich ihm versprochen, dass ich ihm noch Schulungsunterlagen nach der Saison zukommen lasse. Das wäre dann nächsten Monat der Fall. Gekauft sind sie schon, ich will nur noch ein paar Unterlagen selbst verfassen, die auch auf seinen Anwendungsfall passen und dann schick ich es los. Der Versand ist nicht ganz so billig, aber noch akzeptabel.

Nun kommt wohl der einzige Kritikpunkt der Reise. Wir hätten auf jeden Fall noch Zeit gehabt in der vierten Woche ein bisschen Unterricht zu geben. Das war von der Planung nicht ganz so optimal, aber ehrlich gesagt, waren wir dann doch sehr froh, ein wenig Zeit für uns zu haben, bevor es wieder in die Hauptstadt ging, in der wir auch noch ein paar Tage blieben. Der Zeitpuffer war aber nötig, da in der Nebensaison Tropenstürme nicht untypisch sind und wir so für alle Eventualitäten gewappnet gewesen wären. Aber es war halt sehr unflexibel, dass man nicht noch paar Schulungstage hätte anhängen können. Jedoch verbrachten wir die Zeit auch mit den Peace-Corp Leuten, haben uns ein weiteres Ökoprojekt (Öko-Seidenplantage) angesehen und waren auch zweimal auf dem Sportplatz um mit den Kindern und Jugendlichen ein bisschen zu spielen. Ich denke wir haben die Zeit dann noch gut und sinnvoll genutzt.

Ökourlaub in Madagaskar

Madagaskar ist kein typisches Urlaubsland, vor allem weil die Flüge dorthin sehr teuer sind. Auch die Inlandsflüge gibt es nicht zum Last-Minute-Preis und mit dem Auto, Boot oder Zug ist fast kein Vorankommen möglich.

Ich möchte nicht zu sehr auf eine konkrete Empfehlung eingehen, wer aber nach Madagaskar und dort eventuell in den Regenwald möchte, ist in Maroantsetra schon sehr gut aufgehoben. Ohne Probleme kommt man mit guten französisch Kenntnissen durchs Land. Durch unsere Schulungsmaßnahmen kann man sich aber auch mit ein wenig Vorbereitung mit Englisch oder aber auch Deutsch gut durchschlagen.

Mit einem Flug direkt von Antananarivo nach Maroantsetra kommt man wohl mit ein paar Handzeichen gut durch. In Maroantsetra angekommen, wäre es von Vorteil schon vom Flughafen abgeholt zu werden. Dazu sollte man im Vorfeld schon Kontakt mit dem Nationalparkbüro aufgenommen haben.

Ab hier wird es schwierig, eine Nummer vom Nationalparkbüro habe ich nicht gefunden, hier habe ich es aber für euch in GoogleMaps eingezeichnet. Eine Nummer von einem Guide (Ramy) findet ihr im Madagaskar-Wiki. Dieser spricht auch gut Deutsch und ist von uns ausgebildet worden. Ein weiterer Ansprechpartner ist Rakoto Vazah der örtliche Bootsverleiher (vermutlich maximal englisch). Natürlich kann man es auch einfach machen und sich in einer kostspieligen Lodge einquartieren und die alles planen lassen. Z.B Tampolo

Jedoch haben wir hart gearbeitet, dass die Bevölkerung auch von dem Tourismus profitiert. Wenn Sie jetzt Ihr Geld bei den ausländischen Lodgebesitzern lassen, werden sie sicherlich einen traumhaften Urlaub erleben, der Bevölkerung vor Ort ist aber viel weniger geholfen. Da fahren sie lieber an die Nordsee. Egal ob im Dorf oder in der Hauptstadt.

Wie gefährlich ist Madagaskar?

Da das Auswärtige Amt vor so allerhand warnt, möchte ich nur sagen, dass ich in keinem Moment Angst um mein Leben, Geld oder Wertgegenstände hatte. Auch die Wetterwarnungen sind überzogen. In einem Steinhaus (Hotel) wird euch auch kein Zyklon töten und dieser kommt ja nicht spontan vorbei. Außerdem sind sie auch sehr selten.

Ich werde hoffentlich spätestens im Herbst das komplette Madagaskar Spezial online bringen, mit noch mehr Infos zu Tourismus, Flora und Fauna usw usf … 🙂 

6 Gedanken zu „Mein Madagaskar Tagebuch

  1. Sehr schöne Bilder, da wird man echt neidisch :O
    Freu mich auf weitere tolle Beiträge mit schönen Bildern wie ich es von dir gewohnt bin 😉

    LG Blutsgeschwister Anne & Sarah

  2. Ich muss mich meinen Vorrednern anschließen 🙂
    Der Beitrag ist echt toll geschrieben und die Bilder dazu sind einsame Spitze!
    Freut mich das es dort so schön war, Madagaskar ist auch unser nächstes Urlaubsziel!

    Grüße Wiemann!

  3. Wir waren auch auf Madagaskar und haben ähnliche Bilder geschossen, doch muss ich zugeben, dass wir das ein wenig vernachlässigt haben und ich froh bin noch weitere tolle Bilder hier gefunden zu haben 🙂

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