Virunga-Doku: Korruption und ihre Auswirkungen

Ich habe mir über die Weihnachtfeiertage einige Dokumentationen angesehen, für die ich im hektischen Alltag keine Zeit hatte und es hat sich mehr als gelohnt. Mit Virunga (the Movie) habe ich mir eine der besten Dokumentarfilme aller Zeiten zu Gemüte geführt und vieles wiederentdeckt, über das wir bei Blog2Help seit Bestehen berichten. Aber auch einiges, was sich mit meinen eigenen Erfahrungen deckt.

Krieg, Elend & Raubbau aus Not

Nur noch im Virunga-Nationalpark leben Berggorillas. Sie sind extrem vom Aussterben bedroht. By Cai Tjeenk Willink (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Nur noch im Virunga-Nationalpark leben Berggorillas. Sie sind extrem vom Aussterben bedroht.
By Cai Tjeenk Willink (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Der Virunga Nationalpark ist nicht nur hinsichtlich der ökologischen Aspekte einer der bedeutendsten Nationalparks Afrikas, er erlebte in seiner Geschichte auch sämtliche Probleme, die ein Regenwaldgebiet haben kann. Da der Park in dem ständigen Krisengebiet, der Demokratischen Republik Kongo liegt, hatte der 7.835km² große Nationalpark nicht nur mit den Klassikern Korruption, Landraub, Ressourcenausbeutung und Wilderei zu kämpfen, sondern auch mit den Folgen der heftigen (Bürger-)Kriege.

So versteckten sich nach dem Völkermord in Ruanda (April – Juli 1994) rund eine Millionen Flüchtlinge in dem UNESCO-Weltnaturerbe. Um zu überleben schlugen diese 600 Tonnen Holz am Tag und schlachteten insgesamt über 9.000 Nilpferde. Nachdem der Zweite Kongokrieg (1998 – 2003) zu einem Friedensvertrag führte, der wiederum 2006 zu freien Wahlen gipfelte, konnten die internationalen Bemühungen, das wichtige Regenwaldgebiet zu schützen, wieder aufgenommen werden.

Auf und Ab

Mithilfe der Zoologischen Gesellschaft in Frankfurt und finanziellen Mitteln der EU, der UNESCO und des US Fish an Wildlife Services wurden im Jahr des Sommermärchens 480 Ranger ausgebildet. Durch die tapferen (überwiegend) Männer wurde die Lage in Virunga nicht perfekt aber um einiges besser. Obwohl bis 2012 schon 150 von ihnen ums Leben gekommen sind, sie ihr Gehalt nicht rechtzeitig erhalten, nicht die beste Ausrüstung besitzen und oftmals mit Nahrung unterversorgt sind, stellen diese alles in den Dienst des Nationalparks um ihn vor Wilderern, Großkonzernen und Rebellen zu schützen.

Die Dreharbeiten zur Virunga-Doku begannen im Jahr 2012. Eigentlich wollte das Filmteam von den Verbesserungen im Nationalpark und von der hervorragenden Arbeit der Ranger berichten. Doch dann kam alles anders, was die Dokumentation unfreiwillig zu einem Wirtschafts-Krimi-Thriller mit allem was dazugehört macht. Während den Dreharbeiten griff die Rebellengruppe M23 die Kongolesische Armee an und konnte einige Städte unter ihrer Kontrolle bringen. Die Lage war so drastisch, dass die Kriegshandlungen bis vor den Türen der Parkverwaltung, in der auch das Filmteam anwesend war, vordrangen.

Bürgerkrieg wegen Öl?

Die Gründe der immer wieder aufbrechenden Kriege in der Demokratischen Republik Kongo sind vielfältig und wohl nicht abschließend zu klären. Auf jeden Fall spielen Konflikte und Rassenhass zwischen einzelnen Volksgruppen eine große Rolle. Doch solche Bürgerkriege müssen auch finanziert werden und hier kommen politische bzw. wirtschaftliche Interessen ins Spiel. So hat sich auch das Team, das hinter der Virunga-Dokumentation steht, auf die Suche nach den Gründen des Bürgerkriegs gemacht und warum die Rebellen ausgerechnet in den Nationalpark eingedrungen sind, obwohl dieser strategisch nicht relevant wäre, gebe es nicht wirtschaftliche Interessen.

Ölförderung im Regenwald hat massive Folgen für Mensch & Natur.

Ölförderung im Regenwald hat massive Folgen für Mensch & Natur. Bild: Dr. Morley Read / Shutterstock

Schnell lag der Verdacht nahe, dass die britische Firma SOCO International ihre Finger mit im Spiel haben könnte. Diese verdient ihr Geld mit Gas- und Öl-Exporten aus politisch kritischen Regionen und macht damit stolze 448,2 MIO. $ Umsatz im Jahr (2014). Auch in den geschützten Regenwäldern vom Virunga-Nationalpark wollten sie nach Öl bohren, weshalb sie einige Konzessionen beantragten, nachdem sie mögliche Ölvorkommen vermuteten.

Gemeinsam mit der französischen Journalistin Mélanie Gouby deckte das Filmteam mit versteckter Kamera auf, dass SOCO einzelne Rebellen unterstützt haben soll und auch Schmiergelder geflossen seien, damit Öl-Konzessionen vergeben werden können. Das Unternehmen stritt sämtliche Beschuldigen ab und kündigten die Mitarbeiter, welche sich von der charmanten Französin um den Finger haben wickeln lassen.

Aufgrund des massiven internationalen Protests (u.a. Rettet den Regenwald und WWF) stellte SOCO die Suche nach Öl erst einmal ein. Damit das so bleibt, darf das Thema jedoch nicht in Vergessenheit geraten. Denn ein endgültiges Nein zum Raubbau gibt es nie.

Korruption schadet Mensch und Natur

Korruption ist in solchen Ländern wohl die Hauptursache, dass sowohl politisch als auch im Naturschutz nichts vorangeht. Immer wieder werden Naturschutz und Menschenrechte mit Füßen getreten um irgendwelche wirtschaftliche Interessen durchzusetzen. Dieses Jahr hat es zum Beispiel auch einen Ranger getroffen, den ich selbst in Madagaskar unterrichtet habe. Er hat in einer internen Email lediglich einen Holzhändler, der illegal Holz im Regenwald schlägt, angeprangert und saß deshalb fast sechs Monate im Gefängnis. Da er wieder entlassen wurde, möchte ich nicht mehr hierzu schreiben, um ihn nicht wieder ins Kreuzfeuer zu stellen, sollte der Konzern zufällig auf meinen Blogeintrag stoßen.

Prinz Emmanuel de Mérode By Martin Friedrich Jauck (http://de.rodovid.org/wk/Person:785090) [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons

Prinz Emmanuel de Mérode
By Martin Friedrich Jauck (http://de.rodovid.org/wk/Person:785090) [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons

Jedoch ist es wichtig, dass sich Menschen ohne Rücksicht auf das eigene Wohlergehen diesen Machenschaften entgegenstellen. So hat auch der belgische Parkdirektor von Virugna, Prince Emmanuel De Merode, zurecht eine wichtige Rolle in der Dokumentation eingenommen. Obwohl ihm mit seinem familiären Background und seiner Elite-Ausbildung wohl alle Türen der Welt offen stehen, hat er sein Leben dem Schutz des Virunga-Nationalparks gewidmet und in dem SOCO-Konflikt entschieden Beweise gegen das Ölunternehmen gesammelt.

Am 15. April 2014 wurde De Merode von einem Unbekannten angeschossen. Es wird vermutet, dass das Attentat wegen wirtschaftlichen Interessen durchgeführt wurde, da sich der Belgier gegen alle Tätigkeiten, die den Regenwald ausbeuten würden entschieden entgegenstellt. Trotz seiner vielen Verletzungen (Treffer in Brust und Bauch) konnte er überleben und nahm knapp einen Monat später, am 22. Mai 2014, wieder die Arbeit als Parkdirektor auf.

Virunga the Movie Kritik

Nicht nur weil die Filmcrew zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, aber auch das Handwerkszeug stimmte, ist Virunga für mich eine der besten Dokus die je gedreht wurden. Die Aufnahmen sind atemberaubend und es wurden viele Probleme des Nationalparks aufgezeigt ohne den roten Faden zu verlieren. Man konnte ebenfalls mit den Akteuren mitleiden und freute sich über noch so jeden kleinen Erfolg der Ranger und der investigativen Journalisten. So kam auch das Menschliche nicht zu kurz. Tierfreunde wird das Herz bei den Szenen der Auffangstation für Berggorillas aufgehen.

Nach den 100 Minuten besitzt man ebenfalls gleich das Bedürfnis, etwas dagegen zu unternehmen, was meiner Meinung nach das wichtigste Kriterium einer gelungenen, kritischen Dokumentation ist.

Wie kann ich helfen?

Um die Frage des Helfens zu beantworten haben die Filmemacher einen eigenen Bereich auf ihrer Homepage eingerichtet. Diese Punkte möchte ich aufgreifen, ergänzen und erweitern:

  • Investments überprüfen: In unserem ausführlichen Beitrag über Nachhaltiges Investment haben wir aufgezeigt, dass Investoren einen massiven Einfluss haben auf unsere wirtschaftliche Zukunft. Vor allem Unternehmen die mit fossilen Rohstoffen handeln verfügen über zu viel Kapital und besitzen deshalb auch einen brutalen Druck, Gewinne zu erzielen. Das führt zu solchen Misständen wie sie in Virunga zu Tage kommen. Deshalb sollte jeder Einzelne sein Geld von Firmen wie SOCO abziehen. Wenn Sie denken, „Ich besitze ja gar keine Aktien“ sollten Sie einmal Ihre Fonds, wie Renten-Fonds überprüfen, ob diese in solche Unternehmen investieren und Ihr Geld ggf. umschichten.
  • Öko Tourismus: Eine wichtige Einnahmequelle für die Bewohner rund um den Nationalpark ist der Tourismus. Zugegebenermaßen ist das Reisen in solche Regionen nicht ganz ungefährlich. Allerdings weiß die Bevölkerung und insbesondere die Ranger um die Wichtigkeit der Touristen, weshalb sie alles Mögliche unternehmen werden um Sie in Sicherheit zu bringen, sollten wieder politische Gefahren auftreten. Auch sollten Sie den ein oder anderen Euro einplanen, denn die Reise in den Regenwald ist meist teurer als auf den Ballermann. Aber lieber spart man einmal zwei Jahre und hat dann ein unvergessliches Erlebnis, das man nicht auch in jeder Kneipe erhalten kann. Informationen dazu können z.B. auf visitvirunga.org und auf Wikitravel eingeholt werden.
  • Spenden: Natürlich ist Spenden immer eine Option. Zum einen können Sie Organisationen unterstützen, die auch in dem Regenwald von Virunga aktiv sind (Rettet den Regenwald, WWF, Zoologische Gesellschaft usw.). Die Parkdirektion sammelt aber auch selber Spenden um die Patrouillen und andere Projekte zu finanzieren. So kann man beispielsweise für 25$ im Monat einen symbolischen Bereich des Nationalparks schützen. Natürlich sind auch Einmalspenden gerne gesehen.
  • Sonstiges: Selbstverständlich hat auch nachhaltiger Konsum, effizienter Umgang mit Energie und Recycling in Ihrem Alltag direkt und indirekt Einfluss auf die Regenwälder und Naturschutzgebiete unserer Erde.

 

Die Virunga-Dokumentation ist exklusiv auf NETFLIX zu sehen.

3 Gedanken zu „Virunga-Doku: Korruption und ihre Auswirkungen

  1. Ist echt traurig und die Menschheit zerstört sich wieder mal selbst. Bloß werden Öl-Quellen bzw Ressourcen knapp, jeder möchte aber weiterhin mit seinem Auto in die Stadt fahren, um einzukaufen. Somit schrecken die Öl-Magnate auch nicht vor Nationalparks zurück, der Gewinn ist zu verlockend, die Aktionäre dürfen nicht enttäuscht werden. Echt traurig diese Welt.

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